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Aktuelles

Vortrag zur Gravitiationsphysik mit Harald Pfeiffer

Harald Pfeiffer führte uns zum zweiten Mal bei einem Stammtisch des Forum Stellarum in sein Forschungsgebiet der Gravtationsphysik ein. Er ist mittlerweile Gruppenleiter einer Forschungsgruppe zum Thema „Numerische Relativitätstheorie“ in der Abteilung von Professor Alessandra Buonanno am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut/AEI) in Potsdam. Sein Spezialgebiet sind Computersimulationen der Entstehung von Gravitationswellen beim Verschmelzen von Schwarzen Löchern oder Neutronensternen.

Zunächst zeigte er uns die Dimensionen auf, um die es gehen sollte:
Schwarze Löcher sind in ihrem Ereignishorizont etwa 60 km groß und haben Massen von etwa 20 bis 50 Sonnenmassen. Neutronensterne haben Durchmesser von 20-30 km und bewegen sich bei 1-2, vielleicht auch bis 3 Sonnemassen. Vor der Kollision kommt es zu Rotationsfrequenzen von 30 Hz bis über einige 100 Hz und dies bei Entfernungen von einigen 100 km. Die Strecke Paris - Warschau wird von einem verschmelzenden Paar Schwarzer Löcher zB. 30 mal in der Sekunde durchlaufen bevor es "kracht"!
Das zweite Extrem sind die Effekte, die wir auf der Erde davon mitbekommen. Anhand der Rechnungen von Albert Einstein selbst wies er darauf hin, dass es sich um Dimensionen eines 1/1000000 eines Atomkerndurchmessers geht (LIGO verformt sich bei Gravitationswellen ca. 10^−18 m, ein Proton hat ca. 1,7 · 10^−15 m):

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 Wie man allerdings an den Formeln sieht, hat sich selbst der große Meister noch im Juni 1916 etwas verrechnet und es später noch korrigiert.
Die Größenordnungen um die es ging, blieben aber gleich!

Danach ging es an die Messungen von Gravitationswellen.
Am besten nutzt man möglichst lange Röhren (VIRGO und LIGO haben ca. 4 km lange und im Durchmesser 2m große Röhren mit einem Hochvakuum, um das "Seeing" zu unterdrücken), die mit einem 100 kW (!) Laser und Spiegeln bestückt sind. Das ganze dient als Laser-Interferometer, um die hauchfeinen Gravitationswellen nachweisen zu können - wenn sie denn in der richtigen Richtung eintreffen (45° zu den Armen ist ganz schlecht, 0° oder 90° wesentlich besser). Da die Detektoren sowohl in den USA als auch in Europa stehen hat man entsprechende Ergängzungen in den Messungen.
Die Geschichte der gemachten Entdeckungen und Messungen durfte nicht fehlen. Bis hin dazu, wie man denn die Nadel im Heuhaufen der Daten findet. Da schlägt auch die Stunde von Haralds theoretischen, numerischen Simulationen: er berechnet mit seinen Supercomputern voraus, was die Praktiker beobachten sollten.
Oder auch anders herum: wenn die Praktiker etwas beobachtet haben, rechnet er nach, was denn die Gravitationswellen ausgelöst hat, die von ihnen gemessen wurden.
ZB.: Verschmelzung von Schwarzen Löchern von 29 und 35 Sonnenmassen oder: Verschmelzen zweier Neutronensternen, die dabei ein längeres Signal erzeugen, unter anderem auch einen Gammablitz verursachen und dann Massen von 1,4 bis maximal 2 Sonnenmassen aufweisen.

Er gab auch zu, wo sie theoretisch, numerisch und praktisch Probleme haben: wenn nämlich beide Objekte sehr unterschiedlich (zB. Faktor fünf und darüber) schwer sind. Da weiß eigentlich noch niemand, was dabei heraus kommen sollte.

Und das völlig Unbekannte liegt auch noch vor der Gravitationswellenastronomie:
- Vielleicht Signale aus der Zeit der Inflationsphase des Urknalls
- Vielleicht Signale von Ereignissen, die wir noch gar nicht kennen oder auf dem Schirm haben
- Oder Effekte der Quantengravitation
- ...

Während des Vortrags gab es immer wieder zahlreiche Fragen und eine klare Feststellung bezüglich der Länge: "open end" war die Ansage.
Nun, so weit kam es dann doch nicht: gegen 22 Uhr schlossen wir den "offiziellen Teil", um dann noch in Kleingruppen an den Tischen weiter zu sprechen.
Um 22:45 Uhr verließ ich mit Harald Pfeiffer den Stammtisch, mir ist unklar, wie lange noch die letzten ausgeharrt haben.
Herzlichen Dank an ihn und seine unkompliziert, kompetente und einfache Weise, sein doch anspruchsvolles Forschungsgebiet rüberzubringen. Dabei zeigte er keinerlei Allüren eines elitären Professors sondern beantwortete klar, sachlich und sehr geduldig unsere Fragen.

Alles in allem war es ein sehr gelungener Abend für uns alle!

 

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