Kosmisches Lichtspiel in der Abteikirche
Viele Kirchen sind nach alter Tradtion nach Osten hin ausgerichtet. Pater Franziskus Büll aus Münsterschwarzach hat dazu eingehende Forschungen angestellt. Imposant wird die sogenannte "Ostung der Abteikirche" als Erlebnis, wenn das kosmische Lichtspiel während der Liturgie seine besonderen Akzente setzt. Das tut es zum Beispiel Anfang April bzw. Mitte September.
Bei den beiden genannten Zeiträumen ergeben sich zwei liturgische Bezüge: es sind einmal die Kar- und Ostertage und speziell der Gründonnerstagabend, an dem die Westrosette die abendliche Sonne auf den Altar bzw. das Kreuz fallen lässt. Es ist Jahr für Jahr eindrücklich beim abendlichen Gottesdienst mit heller Sonne in die Abteikirche einzuzuiehen und es nach und nach in der Liturgie immer dunkler wird in unserem Gottesdienstraum. Es wird Nacht... und wir gehen den Weg Jesu mit durch Leiden und Tod, hin zur Auferstehung!
Die zweite eindrückliche Zeit für das abendliche Licht, das durch die Westrosette fällt, ist Mitte September: genau genommen das Fest Kreuzerhöhung am 14. des neunten Monats. Auch zu dieser Zeit wirft die helle, abendliche Sonne ihr Licht auf Altar und Kreuz. Das obige Bild ist im Jahr 2019 am Tag vor Kreuzerhöhung entstanden. Die Monstranz mit der Hostie leuchtet hell auf im Glanz der Abendsonne und lässt alles andere dunkel erscheinen. Nur das Kreuz erstrahlt im gepiegelten (!) Licht des Fußbodens aus Kirchenschiff heraus. Das kosmische Lichtspiel hat Architekt Albert Boßlet wahrscheinlich mit sicherer Hand in die Architektur unserer Abteikirche eingebaut.
Aufgezeichnet wurde das Bild nur zufällig während des Livestreams aus unserer Abteikirche. Niemand von uns Mönchen ist sonst von uns auf der Empore um gerade zur richtigen Zeit eine Aufnahme von der abendlichen Anbetung zu machen. Aus der Live-Aufnahme wurde eine Bilderserie von etwa 100 Bildern generiert, die mit "astronomischer" Bildverarbeitung in ihrer Auflösung und Darstellung optimiert werden konnten. Das Bild der dunklen Bereiche in der Kirche würde sonst zu sehr mit Rauschen und Qualität hinter den helleren Bereichen zurück bleiben.
Literaturhinweis:
Eckstein, Rudolf – Büll, Franziskus OSB – Hörning, Dieter:
Die Ostung mittelalterlicher Klosterkirchen des Benediktiner- und Zisterzienserordens, in:
Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner Zweige 106, 1995, S. 48-60