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Jährliche Sternparallaxe

Gemessen an Barnards Stern

Bekanntlich ist der Ausspruch Galileo Galileis „und sie bewegt sich doch“ im Prozess von 1632 legendär und so historisch nicht gesagt worden. Allerdings ist er gut erfunden und hat mittlerweile seine eigene Geschichte. Galilei selbst konnte einen wichtigen Beweis für die Bewegung der Erde um die Sonne nicht erbringen: die sogenannte Jährliche Parallaxe der Sterne.

Leider waren seine Teleskope zu schlecht bzw. die Sterne stehen in einem viel größeren Abstand zu uns, als er es sich vorstellen und konnte und dass er diese sehr kleine Bewegung messen konnte.

Sie kommt zustande durch die Bewegung der Erde im Laufe eines Jahres um die Sonne. Während eines Jahres müssten sich uns besonders nahe liegende Sterne aufgrund ihrer Nähe gegenüber den weit hinter ihnen liegenden Sternen scheinbar bewegen. Die Basis für unsere Betrachtung beträgt dabei eine astronomische Einheit, also runde 150 Millionen Kilometer:

Die Parallaxe ist der Winkel, den eine Astronomische Einheit (Abstand Erde-Sonne ~150 Mio km) in einem gegebenen Abstand hat. ZB. ist die Parallaxe von einer Astronomischen Einheit im Abstand von 3,26 Lichtjahren genau eine Bogensekunde. Das heißt, der uns nächste Stern Proxima Centauri hat mit seinen 4,2 Lichtjahren Distanz zu uns schon ein Parallaxe, die kleiner als eine Bogensekunde ist (0,772“)! Denn der Winkel verkleinert sich mit der Distanz zum Objekt, das beobachtet wird. 

Die Idee war nun, mit Hilfe von CCD.Aufnahmen und dem Programm Astrometrica die Parallaxe eines Sternes zu messen. Wir (Martin Fischer und ich) nutzten dazu ein Spiegel- und ein Linsenteleskop mittlerer Größe. Meist wurden Brennweiten um die 3.000 mm eingesetzt. Orte waren Münsterschwarzach oder Emskirchen.

Die Wahl des Objektes fiel auf Barnards Pfeilstern. Der Stern befindet sich im Sternbild Schlangenträger und legt pro Jahr mehr als 10“ am Himmel zurück. Die stärkste Bewegung erfolgt dabei in Deklination. In der Achse der Rektaszension ist die jährliche Bewegung etwas weniger als eine Bogensekunde.

Unsere Ergebnisse nach einer Jahr Messungen (aus 22 Aufnahmen, Juli 2016 bis November 2017):

  • Die Eigenbewegung von Barnard´s Stern in Rektaszension beträgt in einem Jahr 0,79“ (der wahre Wert liegt bei 0,7987“, Abweichung: ~ 0,01“)
  • Die Eigenbewegung von Barnard´s Stern in Deklination beträgt innerhalb eines Jahres: 10,28“ (wahrer Wert: 10,3377“, Abweichung 0,06“)
  • Die Parallaxe von Barnard´s Stern konnte zu 0,5494“ bestimmt werden (wahrer Wert: 0,5452“, Abweichung 0,004“)
  • Die Entfernung von Barnard´s Stern von der Erde bestimmt sich daraus zu 5,93 Lichtjahre (wahrer Wert: 5,98 Lj, Abweichung 0,05 Lj)

Die Grafik zeigt die gemessene Eigenbewegung von Barnards Pfeilstern, korrigiert um die jährliche Eigenbewegung des Sterns von 0,7987". Daraus ergibt sich direkt die Prallaxe aus dem halben Ausschlag der Kurve: 0,5494".

Von Thomas Jäger (http://www.starhopper.de) bekam ich noch Aufnahmen von Barnard´s Stern aus den Jahren 2002 und 2003.

Von August 2002 bis 2016 bewegte sich Barnards Stern von
08/2002: RA=17h57m48.324s und DE=+04°42'03.35" hin zu
08/2016: RA=17h57m47.577s und DE=+04°44''28.60" bzw.
08/2017: RA=17h57m47.518s und DE=+04°44'39.14"

Das macht pro Jahr eine RA-Bewegung von 0,8041" (Abweichung 0,005", der Wert von 2016 wäre noch besser) und in DE eine jährliche Bewegung von 10,359" (Abweichung 0,02", der Wert von 2016 wäre schlechter). Damit konnten wir die Genauigkeit unserer Messung noch erheblich steigern!

Der absolute Fehler unserer Messungen war in RA-Richtung mit deutlich niedriger als in der Deklination. Wahrscheinlich führte eine leichte Verkippung der Kamera zu schwach verformten Sternen. Ein Hauptproblem bestand in den nicht immer guten Seeing-Bedingungen bei den Messungen. Außerdem ist der Effekt der jährlichen Parallaxe bei Barnards Stern in der Rektaszension mehr als doppelt so groß, wie in der Deklination.

Letzten Endes waren wir selbst über die Genauigkeit unseres Ergebnisses überrascht. Zunächst wären wir mit dem Nachweis der Bewegung schon zufrieden gewesen. Dass wir den Wert innerhalb eines Jahres schon besser als 5% trafen, hat uns sehr positiv gestimmt. Mittlerweile konnte durch weitere Messungen die Genauigkeit sogar auf 1% verbessert werden. Das Programm Astrometrica eignet sich nicht nur hervorragend für die Positionsbestimmung von Asteroiden sondern auch von Sternen!

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