Seminarbericht: Astronomie auf Gottsuche
Unter den Angereisten war auch ein Ehepaar aus der Schweiz. Markus Griesser ist selbst engagierter Hobbyastronom und ehrenamtlicher Leiter der Sternwarte Eschenberg. Er beschäftigt sich mit der Erforschung von erdnahen bzw. der erdbahnkreuzenden Objekten. Ihm ermöglichten wir, als optionalen Teil des Seminars die Vorstellung seiner wissenschaftlichen Arbeit am Teleskop.
Wichtig war der Leitung auf alle Fälle die Flexibilität der Kursmodule, um verschiedene Angebote wie z. B. die Himmelsbeobachtung zu ermöglichen.
Aufgrund der meist gegensätzlich betrachteten Bereiche von Naturwissenschaft und Glaube gingen wir während des Wochenendes im Rahmen des Kursprogramms in Schritten vor, die sich immer wieder auf die eine oder andere Seite stellten. Einmal waren wir im Bereich der Astronomie oder Wissenschaft unterwegs, dann im Bereich des Glaubens. Immer wieder suchten wir nach den Verbindungslinien des je anderen Bereiches menschlicher Erkenntnis.
Ausgangspunkt dabei war die Faszination des Sternenhimmels, die begeistert durch die Bilder des Sternenhimmels aufgrund astronomischer Aufnahmen von P. Christoph vermittelt werden konnte. Von der Erde aus erlebten die Gäste eine Reise durch das bekannte, sichtbare All bis hin zu den Galaxienhaufen und Galaxiengruppen an der Grenze des bekannten Universums.
Der glückliche Umstand, dass an diesem Wochenende hervorragende Wetterbedingungen für praktische Astronomie herrschten, ermöglichte schon am ersten Abend die praktische Arbeit am Teleskop und den Blick in die Tiefen des Weltalls. Mit drei Geräten, einem 10“ Gitterrohr–Dobson, einem 8“ Dobson und einem 10“ Schmitt-Cassegrain Gerät konnten ab der späteren Dämmerung der Mond, Doppelsterne und Galaxien beobachtet werden. Dabei wurden die kosmischen Entfernungen und die Himmelsmechanik ausführlich erklärt. Erst gegen Mitternacht, als auch Jupiter schon beobachtet werden konnte, endete der erste Seminartag.
Am nächsten Morgen schloss Uwe Schultheiß nach einem kurzen „Blitzlicht“ über die nächtlichen Eindrücke die Vorgehensweise naturwissenschaftlicher Forschung an. „Was ist Wissenschaft?“ lautete das Thema seines Vortrages. Objektivität, das Sammeln von Daten, das Aufbereiten, Sortieren und ein System bringen, die Theoriebildung und dann die anschließende Verifizierung oder besser Falsifizierung gefundener Naturgesetze und der dazu gehörigen Hypothesen wurden hier näher erläutert.
P. Christoph ergänzte im Anschluss Sichtweisen und Zugangsweisen zur Gottsuche. Anhand des schönen Beispiels, das er demonstrierte - das Bild „Die Erschaffung Adams“ aus der Sixtinischen Kapelle – konnte er die Gruppe für diese Sichtweise sensibilisieren.
Uwe Schultheiß brachte hierauf die Möglichkeiten und die Grenzen unserer Wahrnehmung ins Spiel. Das Zeichnen eines Steines ließ jeden selbst erfahren, wie schwierig Wahrnehmung ist und wie subjektiv die Ergebnisse der je eigenen Darstellung war. Dabei spielte die eigenen Perspektive eine große Rolle. Optische Täuschungen und ihre Macht zeigten die Komplexität menschlicher Wahrheitsfindung auf. Er stellte heraus, dass, je nachdem worauf wir „fokussiert“ sind, auch die „Ergebnisse“ verschieden erscheinen. Wissenschaftsergebnisse sollten hier auch kritisch hinterfragt werden.
Danach blickten wir auf die moderne Kosmologie und das Standardmodell des expandierenden Weltalls mit kalter, dunkler Materie und der expansiv wirkenden dunklen Energie. Viele Fragen bzgl. des Raumes, der Zeit, des Davor und Dahinter standen im Raum und konnten nicht alle bis zum Ende diskutiert werden. Dabei kamen auch unsere Gottesbilder und die Frage nach der Schöpfung ins Spiel.
Den Nachmittag verbrachten die Teilnehmerinnen, um sich mit drei ausgewählten Schöpfungsberichten der Bibel auseinanderzusetzen: Genesis 1, Genesis 2 und Johannesevangelium 1, Prolog. In Einzel- und Gruppenarbeit wurden die Texte lebendig in ihren Aussagen, Fragwürdigkeiten und ihrer Differenz zu einem naturwissenschaftlichen Bericht. Im Plenum wurden die Texte miteinander besprochen, viele Fragen geklärt und eigene Meinungen und Sichtweisen eingebracht.
Die Zeit am Abend wurde dann genutzt, um die Möglichkeiten moderner Planetariums-software zu erklären. Hilfsmittel für die praktische Beobachtung wurden vorgestellt und Erläuterungen zu den himmlischen Objekten wurden gegeben. Dabei konnte auch die rasche Entwicklung der „Wissenschaft Astronomie“ im letzten halben Jahrhundert verdeutlicht werden. Das immer schneller wachsende Wissen der Menschheit mit der gleichzeitigen „Vertrauensfrage“ hinsichtlich der Ergebnisse war ein weiterer Aspekt dieses Abends.
Für Frühaufsteher gab es dann am Sonntagmorgen ab 4.00 Uhr ein Beobachtungsfenster auf die Planten Jupiter, Saturn und Mars am aktuellen Frühlingshimmels. „Die Schöpfung erwacht!“, könnte als Überschrift über dieses besondere Erlebnis stehen. Die gute Luftruhe und die damit hervorragenden Bedingungen Planetendetails, Monde und Oberflächenstrukturen live zu erleben waren beeindruckend. Nebenbei erwachte auch die Natur mit Vogelgesang und Froschkonzert zum Leben.
vergrößernDer tiefstehende Saturn mit seinem Ringsystem, an dem sogar die Cassini-Teilung wahrgenommen wurde, war ein würdiger Höhepunkt.
Nach dem Sonntagsgottesdienst startete die Seminargruppe mit einer Achtsamkeitsübung. Absichtslose Wahrnehmung im Gegensatz zu konzentriertem Fokus auf die Schöpfung und das Universum schuf einen weiteren Brückenschlag zwischen Glaube und Wissenschaft. Uwe Schultheiß öffnete die Teilnehmer für diese Zugangsweise, die in der heutigen medialen und schnelllebigen Zeit ohne „Ruhepausen“ oftmals verloren geht. Im Fokus stand auch hier der eigene, kritische Blick auf die uns über die Medien vermittelte Weltgeschehnisse. Vertrauen und Glaube an „geerdete“ Wissenschaftler ist unerlässlich und notwendig, da die Fülle an Wissen nichtmehr von einer Person überschaut werden kann.
Eine Atemmeditation ermöglichte P. Christoph den Teilnehmern erfahrbar zu machen, wie jeder Mensch, jedes Lebewesen und die Natur mit der Schöpfung und mit dem Universum verbunden ist. Zusammenfassend erklärte die Übung: „Wir sind Teil der Schöpfung und „atmen“ das Universum“.
vergrößernDas Schlussreferat, das P. Christoph hielt, führte die Aspekte der Mathematik, Physik, Geist / Bewusstsein in Beziehung. Der Glaubenszugang zu Gott wurde hier noch einmal deutlich und bildlich dargestellt.
Der Kurs mit seinen sehr interessierten Teilnehmern war wieder unheimlich intensiv und erfüllend. Gerade der Austausch über astronomische Themen, über den grundsätzlich andersartigen Zugang des Glaubens und der Bibel waren erfrischend und gegenseitig erhellend. Manche Fragen blieben auch offen. Am Ende stand die nochmalige Frage nach dem jetzigen Standpunkt von Astronomie, Glaube und deren Verbindung. In jedem Fall hatte sich am Ende unseres Wochenendes die Verbindung von Astronomie und Glaube mehr vertieft und Berührungspunkte waren für alle besser erkennbar.