Rezension von "Womit das Vakuum gefüllt ist"
In der Septemberausgabe von "Sterne und Weltraum", einem Magazin des "Spektrum Verlag", hat Dominik Elsässer das Buch "Womit das Vakuum gefüllt ist - 33 Gründe, das Staunen zu lernen" von P. Christoph Gerhard OSB und Christian Lorey rezensiert.
Anleitung zum Staunen
Zugänge zur Astronomie gibt es sicherlich so viele, wie es Astronomen gibt. Die ästhetische Faszination schöner Astrofotos, oder des Anblicks zarter Nebel im Okular, mag für viele eine Rolle spielen, die Ruhe und Entspannung unter dem Sternenhimmel, das technische Interesse an den Teleskopen und Geräten, und natürlich auch die Begeisterung für die wissenschaftlichen Zusammenhänge und das Verständnis der Welt auf allen Skalen. Für viele, und so auch für den Autor dieser Buchbesprechung, liegt eine große Faszination aber auch in der fantastischen Komplexität der Welt, die sich dann doch so oft an kleinen Dingen und Begebenheiten zeigt.
Jedem Leser ist sicherlich präsent, wie totale Sonnenfinsternisse entstehen, so auch diejenige, die kürzlich von Südamerika aus zu sehen war (siehe S. 70). Omnipräsent sind die hervorragenden Aufnahmen der Korona. Nur, dass wir überhaupt so schöne Finsternisse beobachten können, dass die scheinbare Größe von Sonne und Mond am Himmel so gut zueinander passen, das müsste nicht so sein, es ist durch kein Naturgesetz so vorgegeben. Es ist ein kosmischer Zufall, einer, der auf jeden Fall zum Staunen anregt.
Neben diesem von mir gewählten Beispiel gibt es viele weitere, und 33 davon präsentieren die beiden Autoren im vorliegenden Buch. Sie sind Biologe und Theologe von Beruf, und Astronomen aus Leidenschaft. Dementsprechend finden sich vor allem Beispiele aus den Bereichen Astrophysik, Chemie, Biologie und Genetik. Für die Autoren persönlich – so verstehe ich das gut zu lesende und doch tiefgründige Werk – verbindet sich das Staunen über die präsentierten Gegebenheiten, über das Universum mit all seinen Facetten, mit dem Glauben
Das Buch ist jedoch kein missionarisches, und es geht den Autoren an keiner Stelle darum, den Versuch eines „Gottesbeweises“ zu unternehmen, oder gar wissenschaftliche Erkenntnisse in Zweifel zu ziehen. Ganz im Gegenteil, sie möchten anhand der Tatsache, dass wir Menschen mit unserem Verstand in der Lage sind, die Synthese des Kohlenstoffs in den Kernen alternder Sterne, die Konsequenzen der Chiralität von Molekülen oder den Stickstoffkreislauf zu verstehen, zum Staunen anregen und zum weiteren Nachdenken über die Welt ermutigen.
Die 33 Beispiele sind dabei allesamt gut ausgewählt, sie eignen sich für eine kompakte Beschreibung, und, ganz wichtig, es sind viele Begebenheiten dabei, die wohl für die meisten von uns wirklich nicht zum bisherigen Allgemeinwissen gehörten. Sie sind sehr gut lesbar und verständlich aufgeschrieben. An der einen oder anderen Stelle mussten vermutlich bei der umfassenden wissenschaftlichen Präzision Abstriche gemacht werden, das trübt das Bild jedoch nicht, und ist bei dem Vorhaben, einzelne Kapitel zu erzeugen, die sich jeweils in wenigen Minuten lesen und verstehen lassen, wohl auch gar nicht zu vermeiden.
Dem Buch hätte man wohl bei manchen Kapiteln die Erklärung unterstützende Grafiken und Bilder gewünscht, die das Staunen sicherlich noch enorm vergrößert hätten. Natürlich bedeuteten diese aber auch einen ganz nennenswerten Zusatzaufwand – vielleicht eine Möglichkeit für eine Fortsetzung? Staunenswerte Begebenheiten gäbe es ja noch viele mehr!
Zusammenfassend denke ich, dass dieses Buch ein sehr lesenswertes ist, vollkommen unabhängig vom eigenen weltanschaulichen Standpunkt. Für den gläubigen Menschen mag sich das Staunen auch auf die Frage nach der Schöpfung ausdehnen, aber in jedem Fall sind die interessanten und sehr schön populärwissenschaftlich aufbereiteten Phänomene eine sehr gute Gelegenheit, den Horizont des eigenen Wissens zu erweitern und Freude am Verstehen, am Begreifen, und am Staunen über gelöste und offene Fragen zu wecken.
Dominik Elässer forscht und lehrt als Astrophysiker an der TU Dortmund. Seine Arbeitsgebiete sind die Gammastrahlen- und die Radioastronomie.